Wie Geflüchtete zu IT-Fachleuten werden

HAZ Refugeeks mugs GmbH

Wie Geflüchtete zu IT-Fachleuten werden

Die Hochschule Hannover bildet Geflüchtete zu IT-Fachleuten weiter. Das Projekt richtet sich bisher an geflüchtete Akademiker, ein ähnliches Angebot ist nun auch für andere Einwanderer oder Menschen nach der Familienphase geplant.

Anmar Aziz und Axel Rörig der mugs GmbH
Die Fortbildung an der Hochschule Hannover hat sich gelohnt: Anmar Aziz fängt jetzt als IT-Spezialist in Axel Rörigs Softwarefirma mugs GmbH an. Quelle: Axel Rörig

Erst im Sommer 2020 hat die Hochschule Hannover (HsH) ein Programm für geflüchtete Akademiker gestartet – jetzt gab es dafür den Integrationspreis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der Kategorie Brücke zum Arbeitsmarkt. In der Refugeeks Coding Academy werden Juristen, Lehrer oder auch Bauingenieure zu Programmierern weitergebildet. Ein Problem der Einwanderer: Ihre Bildungsabschlüsse aus der Heimat zählen hier oft nicht.

IT-Bereich eignet sich gut für Quereinsteiger

„Beim Programmieren kommt es aber nicht auf die formale Qualifikation an, sondern darauf, was Leute wirklich können“, sagt Informatikprofessor Thomas Schult. Deshalb eigne sich der Bereich gut für Quereinsteiger. „Und es fehlen eigentlich immer Informatiker.“ Auf die Idee zu dem Weiterbildungsprogramm kamen Schult und seine Kolleginnen wegen der Erfahrungen, die sie seit 2016 mit ihrem Projekt Intostudy machen. Dort bereiten sie Geflüchteten einen speziell zugeschnittenen Einstieg ins Studienfach Informationsmanagement.

„Es kommen inzwischen viele Ältere, besser Ausgebildete, für die ein Studium keine Option mehr ist“, berichtet Schult. Er begegnet jetzt vielen Mittdreißigern mit Familie und Studienabschluss aus der Türkei. „Das ist nicht nur eine Welle, das reißt nicht ab.“ Mit dem neuen Programm Refugeeks reagiert die HsH auf diese Entwicklung. Sie hat es gemeinsam mit Johannes Endres, ehemals Chefredakteur der Computermagazine c’t und Heise Online, entwickelt. Bewerbungen sind allerdings nur mit gewissen Vorkenntnissen sinnvoll. Die bisherigen Teilnehmer konnten sie gewinnbringend nutzen: Die ersten gehen jetzt in ihre neuen Jobs.

In einem Jahr zum Softwareentwickler

Neun Monate haben die Geflüchteten an der Hochschule gelernt, oft in Teamarbeit. Dann schließt sich ein Praktikum in einem niedersächsischen Unternehmen an. Das Ziel sind ein Abschluss als IHK-zertifizierte IT-Experten und Expertinnen in Data Science und Web Technology – und eine Arbeitsstelle. „Als ich davon gehört habe, dass Leute in einem Jahr als Softwareentwickler fit gemacht werden, hätte ich nicht gedacht, dass das funktioniert“, sagt Axel Rörig von der Braunschweiger Softwarefirma mugs GmbH. Seinem Praktikanten Anmar Aziz bietet Rörig jetzt eine Anstellung. „Er passt perfekt ins Team.“

Der 29-jährige Aziz pendelt dafür künftig von Hannover nach Braunschweig. Der Iraker hatte in Syrien Bauingenieurwesen studiert, aber nicht abgeschlossen. Der Versuch, das Studium in Deutschland weiterzuführen, gelang nicht. Dafür begann Aziz, sich selbst Programmiersprachen beizubringen. „Das Refugeeks-Programm hat mir geholfen wie ein Rettungsdienst. Es hat alle Türen aufgemacht.“

Neue Formen des Programms sind geplant

Schult und sein Team sind von der Weiterbildung so überzeugt, dass sie eine angepasste Form des Programms künftig anderen Einwanderern oder auch Menschen nach der Familienphase anbieten wollen. Dazu laufen Verhandlungen mit dem Jobcenter.

Erfolgreich ist auch das Projekt Intostudy. Seit seinem Start im Jahr 2016 haben es insgesamt 256 Menschen durchlaufen. 63 Prozent begannen ein Studium, 17 Prozent gingen in eine Ausbildung und 12 Prozent in einen Beruf.

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